Mehr Licht!
Das Licht scheint in der Finsternis!
Johannes 1, 5
Liebe Gemeinde,
jetzt klingt der Heilige Abend aus. War es ein schönes Fest? Innerlich schön? Mit Wärme und Licht, die die Seele aufleben ließen. Die Kinder und Enkelkinder mit ihrer Freude und Hingabe. Die betagten Eltern, eingebettet in ihre Familie. Und wir selbst, vielleicht die Hauptakteure an diesem Tag, wir haben es unseren Lieben schön gemacht, sind vielleicht ein bisschen erschöpft, aber doch auch glücklich, haben Wärme und Liebe geschenkt und erfahren, das Licht, das uns in dieser Zeit so vielfältig verzaubert, hat in unserer Seele Einkehr gehalten. Weihnachten tut einfach gut.
Mancher unter uns hat den Heiligen Abend vielleicht ganz anders verbracht, als Tourist hier bei der Weihnachtsfeier im Hotel, vielleicht wollte er ein wenig weg von zuhause, dem Rummel entgehen, oder ganz besonders der Einsamkeit zu Haus beim ersten Weihnachtsfest ohne den geliebten Partner. Hoffentlich hat sich die Entscheidung, Weihnachten so zu verbringen, bewährt und es war gut. Denn Weihnachten soll guttun.
So war es auch als wir vorhin den Weg zur Hubertuskapelle gegangen sind, mit den kleinen Laternen links und rechts. Weihnachten soll einfach guttun. Es ist die uralte, menschliche Erfahrung, wie gut, wie hilfreich, wie wärmend, wie erhellend es ist, wenn man ein Lichtlein in der Dunkelheit hat. Die Kerze ist das Symbol dafür. Sie steht für alles Gute, Helle, Warme, das uns begegnet. Das ist eben ein anders Licht für die Seele als Neonbeleuchtung. Eine Kerze taucht alles in einen besonderen Glanz. Kontraste werden weicher, harte Konturen wie mit einem Weichzeichner gemalt. Das Leben, meine Umgebung, alles sieht schöner aus.
Aber nicht nur äußerlich, auch innerlich sind die Menschen berührt und irgendwie anders, die das miterleben wollen. Und irgendwie ist man selbst für den Moment in der eigenen Seele berührt, weicher, milder, freundlicher, fröhlicher, auch getrösteter, wenn eine Erinnerung weh tut. Ja, Weihnachten tut gut, will guttun, soll guttun. Hier begegnet die immerwährende Sehnsucht unserer Seele, die so oft überlagert ist von Alltäglichem, umgeben von so viel Dunklem, dem Licht. Es ist das Licht Gottes. Es ist keine Illusion. Wir spüren es ja an uns.
"Das Licht scheint in der Finsternis". So ruft uns die weihnachtliche Botschaft zu und so möchte sie es uns erfahren lassen. Am Anfang der biblischen Erzählungen von Gott steht das Wort: „Es werde Licht“. Jetzt erleben wir die Erinnerung daran, vielfältig in der Symbolik des Weihnachtsfestes, in den Kerzen, in den Liedern und Klängen, in den Düften, in den Geschenken von Herz zu Herz, in dem, was wir für andere erübrigen. Es ist Licht von Gott.
Immer wieder ist es nötig, davon zu reden und daran zu denken, Zeichen dafür zu setzen, denn immer und immer verbreiten wir Menschen zu viel Dunkel um uns herum.
Jedes der Lichter, die wir sehen, erzählt die Geschichte der Liebe Gottes, die uns Menschen ganz nahe kommt, mir und Dir: ER, der HERR, kommt zu Dir, zu mir. So, wie das Kind in die Krippe, legt sich der HERR selbst in unsere Seele, SEINE Liebe, SEINEN Frieden, SEINE Hoffnung, den Glauben. Das ist das Licht.
Weihnachten führt uns aber auch die Realität vor Augen. Leicht erkennen wir unsere heutige Welt in der Symbolik der Finsternis wieder. Das Dunkel der Hirten auf dem Feld ist ein hartes und armes Leben. Die erste Heilige Nacht ist eben zuerst einmal auch eine Nacht des Dunkels, der Kälte, der Armut, der Hartherzigkeit und Lieblosigkeit, von Angst und Flucht.
Heute ist es das Dunkel, sehen und ertragen zu müssen, was Menschen bereit sind einander anzutun, mit Ausbeutung, Krieg und Blutvergießen und terroristischen Anschlägen. Der schreckliche Anschlag in Berlin hat uns das allen plötzlich ganz nahe gebracht. Die Angehörigen der Opfer haben heute auch Weihnachten, aber wie? Wir können die schlimmen und bitteren Erfahrungen nicht einfach wegdrängen. Auch wenn man sich lieber weihnachtlicher Stimmung hingeben würde.
Was in der Welt um uns herum geschieht macht die Welt dunkel. Und eigenes Dunkel in unserem eigenen Leben gibt es auch. Ihr wisst es aus Eurem Leben. Es mögen andere Gewichte sein, aber noch jedes eigene Leid hat im Moment, in dem es ertragen werden muss, das schwerste Gewicht, das es zu tragen gilt.
Umso wichtiger ist der Blick auf das weihnachtliche Licht.
Den Hirten begegnet ein wunderbares Licht. Sie schauen hin. Gottes Gegengewicht gegen das Dunkel ihrer Welt. Uns begegnet das Licht der Welt Gottes, wie ein Lichtstrahl aus dem Himmel. Wir sind Beschenkte heute, Gott legt uns seine Liebe ins Herz, wie das Kind in die Krippe.
„O, dass mein Sinn ein Abgrund wär,
und meine Seel ein weites Meer,
dass ich DICH möchte fassen.“
Ja, Gottes Licht will in uns hinein, es sind SEINE guten Worte, die unsere Seele erreichen wollen, immer wieder und jetzt auch. Mach Deine Seele auf, dass die Worte Dich erreichen. Bist Du glücklich, mach Deine Seele auf, dass Dein Herz voller Dank werden darf. Bist Du traurig, mach sie auf, wenigstens einen Spalt breit, dass Du spüren darfst, Gott ist mir nahe. Halten wir unsere Seele dafür offen, auch über die festlichen Tage hinaus. Es ist Liebe, die andere uns schenken, ein Gottesgeschenk für unsere Seele. Und dann gilt noch der Satz, dass die Freude, die wir schenken ins eigene Herz zurückkehrt.
Wie war das vorhin mit dem Licht der Kerzen, die alles in besonderes Licht tauchen. Mögen Spötter sagen, das kaschiert nur die Realität und sei eine Illusion. Nein, es ist Realität, das Gegengewicht Gottes. Vertrauen wir doch unserer eigenen Seele. In ihrem je eigenen Dunkel sehnt sie sich danach, weil sie von dieser Realität weiß. Die Sehnsucht weiß mehr von Gott und SEINEM Licht als der Verstand es zulassen möchte.
Gottes Licht scheint in der Finsternis und mit dem Kind in der Krippe gewinnt es die menschliche Gestalt der Liebe. Anzufassen, zu hören, zu sehen. So soll es in der Welt Gottes sein. Ein Stück Himmel zeigt uns, wie es sein soll.
„Mehr Licht…“ waren die letzten Worte von Johann Wolfgang von Goethe , so wird erzählt. Mehr Licht, das wär‘s doch, mehr Licht in die eigene Seele, mehr Licht in unser alltägliches, zwischenmenschliches Durcheinander, mehr Licht an die Verhandlungstische der Mächtigen dieser Welt, mehr Licht in die Köpfe für Lösungen zum Erhalt unseres Planeten und zur besseren Verteilung der Ressourcen: „mehr Licht“.
Dieser Tage habe ich eine Geschichte gelesen, in der der Autor des Salzburger Adventssingens, Walter Müller, von sich erzählt. Er schreibt, dass er sich jedes Jahr den Luxus zweier Adventskalender leistet. Aber solche der alten Art, etwa meiner Kindheit. Da waren hinter den Fensterchen nur transparente Bilder, die dann halt aufschienen, wenn man das Fensterchen öffnete. Einen Kalender hängte er ans Zimmer zur Straße, den anderen an die Haustür. Bei dem einen zur Straße hin, entfernte er die Transparentbilder. Wenn er ein Türchen öffnete, sah er einen Ausschnitt dessen, was draußen passierte. Leute, die plauderten, andere stritten, andere hasteten vorbei, eine fuhr im Rollstuhl usw.
So sein Blick, jeden Tag ein anderer Ausschnitt des Alltags. Wenn er dann das Haus verließ öffnete er ein Fensterchen des anderen Kalenders und sah ein Bildchen einer im besten Sinn des Wortes „heilen Welt“.
Schöne Symbole,
Symbole des Friedens, was anders ist eine Blume,
Symbole der Liebe, was anders ist das Bild eines liebevoll eingepackten Geschenks,
Symbole des Glücks, was anders ist ein Kinderspielzeug,
Symbole der Hoffnung, was anders ist ein Regenbogen,
Symbole des Glaubens und der Hingabe, am 24., was anders ist der Blick auf die Heilige Familie im Stall.
Mit diesen guten Bildern im Herzen, seiner inneren Realität, möchte er in den Tag gehen, um sich in seinem Leben zu bemühen, die Bilder zusammenzubringen. Den Alltag, wie er nun einmal ist mit dem guten Impuls Gottes, mehr Licht von dem, der sagt: „ICH bin das Licht der Welt.“
Wir merken es wieder und wissen es ja längst. Weihnachten ist Geschenk Gottes, das Christuskind Inbegriff SEINER Liebe, ok. Aber es ist auch ein Auftrag. Papst Franziskus drückt es so aus:
„ jeder Mensch ist eine Mission“. Wir haben vielleicht nur ein kleines Licht im Herzen, heute ist es vielleicht ein bisschen größer. Vielleicht fühlen wir uns auch nur als ein kleines Licht. Jedes Licht bringt mehr Licht ins Leben, ja. in die Welt. Jeder von uns ist ein Lichtblick Gottes.
Es ist nicht schwer, dem anderen mit einem Lächeln zu begegnen, etwas für andere zu erübrigen nah und fern, schwerer schon zu verzeihen und dem anderen wieder die Hand zu reichen, schwer auch, die Zunge im Zaum zu halten und keinen auszunehmen vom eigenen Wohlwollen. Aber so im Kleinen fängt es an. Als ob wir das nicht alle wüssten.
Vielleicht sollten wir das heute noch ein wenig weiterdenken. Als Christ zu leben ist mehr als nett zu sein. In unserer heutigen Zeit, in der so viel beliebig wird, wird es wichtiger und wichtiger, als Christ Farbe zu bekennen und zu sagen: „Das glaube ich, dazu stehe ich!“
Wie sagt man gern in Oberbayern: „Mia san mia“, natürlich, aber ohne Überheblichkeit, im Wissen um die eigenen Schatten, aber in der gewissen Zuversicht dessen, was wir an unserem Glauben haben.
Dazu gehört auch, das Reden von den christlichen Werten nicht denen zu überlassen, die nun aber auch gar nichts mehr von diesen Werten wissen und sie nur zur Agitation verwenden wollen. Schon gar nicht sie selbst leben wollen. Aber wir sollten sie leben und unseren Glauben im Leben ernst nehmen. Christen stehen gegen Hass und Hassreden, Christen stehen dagegen, dass Fakten in den sogenannten sozialen Netzen verdreht werden und dass Menschen im Internet fertiggemacht werden, schon in der Schule. Ich weiß nicht, wie eine Gesellschaft das in den Griff bekommen will. Aber wo es uns persönlich begegnet, gilt es aufzustehen und dagegenzuhalten.
Warum ist es in der Welt so, wie es ist? Weil immer noch zu wenige sich aufmachen, ein Lichtblick Gottes zu sein.
Also, nimm Dein Gottesgeschenk von hier mit,
SEINE Liebe
und
„trag in die Welt nun Dein Licht“,
„trag in die Welt nun Dein Licht!“
Amen!
Predigt zum Heiligen Abend, 24. 12. 2016, 22 Uhr, in der Hubertuskapelle Schönau (Berchtesgaden)