Ostern
31. März 2013
Altenberg-St. Markus
Unser Trumpf: am Ende steht Leben!!
Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie weinte, schaute sie in das Grab und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo sie den Leichnam Jesu hingelegt hatten. Und die sprachen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Und als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist. Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu ihm: Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast; dann will ich ihn holen.
Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf Hebräisch: Rabbuni! das heißt: Meister!
Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott. Maria von Magdala geht und verkündigt den Jüngern:
Ich habe den Herrn gesehen, und das hat er zu mir gesagt.
(Johannes 20, 11-18)
Liebe Gemeinde,
„Vom Eise befreit“, wie es im Osterspaziergang von Goethes Faust heißt, ist dieses Jahr noch gar nichts. Noch steht die Sehnsucht im Raum, die Sehnsucht nach wärmender Sonne, nach Blütenpracht und Aufbruch zu neuem Leben. Es ist wie eine Bremse im Zyklus der Natur, wenn Zugvögel auf ihrem Weg umkehren, weil es irgendwie noch nicht so weit ist. Es ist die Irritation der Selbstverständlichkeit, die das diesjährige Osterfest kennzeichnet.
Irritiert sind wir, wenn es nicht so ist wie jedes Jahr, ohne Nachdenken erwartet und eintretend.
Winter, Kälte und Frost und dunkle Tag markieren das Lebensfeindliche, das uns überall treffen kann. Vielleicht sind wir dieses Jahr - gerade weil die Selbstverständlichkeit ausgeblieben
ist – ein wenig empfänglicher, weil sehnsüchtiger, für die österliche Botschaft vom Leben. Sie ist eigentlich angelegt, wie eine göttliche Melodie in unserer Seele, in unserem Leben: die Taufe ist unsere Teilhabe an der Auferstehung Jesu, neues Leben ist verheißen, zugesprochen, geschenkt. Leben, bestimmt für die Ewigkeit. Immer wieder aufstehen können in den Wechselfällen des Lebens, Kraft der Auferstehung. Jeder Sonntag Erinnerung an den österlichen Herrentag, Auferstehung für den Alltag. Hoffnung haben, nichts anderes als die Verbindung meines Lebens mit Gottes Welt, als ein Hauch alltäglicher Erfahrung der Auferstehung.
Oft ist uns das nicht so bewusst und unsere Seele rührt in Alltagsproblemen als wären sie alles im Leben. Oft sehen wir uns nicht hinaus, oft rauben uns Kummer und Sorge die Lebensperspektive. Manch einer verweigert den Blick auf Gottes Wirken für sein Leben in der Zeit und für die Ewigkeit und schon gar, sich darauf einzulassen. Kein Gebet des Dankes, keine Bitte um Halt und Schutz und Bewahrung, Erfüllung und Heil. Kein Lob Gottes. Eher Zweifel und Desinteresse, wie sie oft begegnen. So, als würde der Winter die Freude des Frühlings ausschlagen.
Das alles ist wie das Verharren der Natur im winterlichen Modus.
Ostern erzählt uns aber, wie „Frederick“ seinen Mäusekollegen, von den Farben des Lebens, wenn wir meinen sie nicht mehr zu spüren.
Sie zeigen ihre Kraft, selbst wenn „wir gleich nichts fühlen“
Die biblischen Geschichten von Jesus, seinem Weg, seiner Nähe zu uns Menschen, wie er menschliche Zwänge aufbricht, dem Leid die Stirn bietet, neue Wege weist, und schließlich dem Tod die Schranken weist, sind solche Farben des Lebens für den Alltag jeden Tages, auch wenn er sich kalt gebärden mag.
Maria Magdalena, jene Frau aus dem unmittelbaren Umfeld Jesu, wird uns heute als die erste Zeugin der Auferstehung vorgestellt. Wir müssen ein wenig nachzuempfinden versuchen, was die Menschen um Jesus erlebt hatten. Nicht nur, dass ein lieber Menschen gegangen ist, wir können sagen, der wichtigste Inhalt ihres Lebens ist dahin. Hoffnungen sind zerstört, Ideale dahin, Halt zerbröselt, Perspektiven geplatzt. Dafür ist Angst eingekehrt, Angst, wie es weitergehen soll, Angst um das nackte Leben. Das ist die Situation, sie weinen, sie fliehen aus der Stadt, sie verkriechen sich.
Sie erleben den Karfreitag am eigenen Leib. Merkt Ihr, wie sich ihre Situation, ihr Gefühl beschreiben lässt als würde es Menschen unserer Tage betreffen. Wir könnten sie in Syrien, in Afghanistan, in Cypern, Spanien oder Portugal sehen, oder auch bei uns. Menschen auf der Flucht, voller Angst, ihrer Ideale beraubt, ihre Würde mit Füßen getreten, ohne Arbeit, ohne Perspektive.
Oh, es gibt viel Karfreitag in der Welt, viel emotionalen und existentiellen Winter, von den persönlichen Tiefen eines Lebens ganz zu schweigen. Ich möchte es gar nicht ertragen müssen, zu wissen, wie viele Menschen jetzt in diesem Moment weinen.
Matthias Grünwald hat Maria Magdalena im Kreuzigungsbild des berühmten Isenheimer Altars dargestellt, so dass ihre langen Haare schier die ganze Figur wegfließen lassen, nichts als Tränen.
Eigentlich geht es am Anfang dieser Geschichte immer weiter abwärts mit den Empfindungen. Alle Gedanken sind auf das Leid konzentriert, dem lieben Toten die letzte Ehre erweisen, schier mit letzter Kraft. Dann um den Schmerz noch komplett zu machen ist das Grab leer.
Manchmal erleben wir das auch, dass wir meinen, ein Schlag folgt dem andern.
Die Logik des Verstandes geht schnell ins Leere, warum? weshalb? wieso? wohin?
Dann kommt die Wende. Der Auferstandene braucht nur ein Wort, mit dem er sie anrede, um ihr den österlichen Horizont des Himmels zu öffnen: „Maria“, ER ruft sie beim Namen.
Ostern – das Leben, SEIN Lebensgeschenk hält Gott allen Abgründen der Welt entgegen. Der Auferstandene ist SEINE Antwort auf alle Fragen. SEIN Ruf erschließt das Leben und meint uns, jeden. „ICH habe Dich bei Deinem Namen gerufen, Du bist MEIN!“ Hans, Matthias, Laila, Horst: Du bist MEIN, spricht der HERR.
Da gibt es auch nichts zu diskutieren, für wahr oder nicht wahr zu halten. Das ist uns passiert. Wir sind für das Leben bestimmt, jetzt und erst recht in Ewigkeit.
Drum haben Christen immer etwas zuzusetzen, haben immer noch einen Trumpf in der Hand, um nicht zu sagen, ein Ass im Ärmel, wenn es eng wird, oder zu dick kommt. Ostern möchte daran erinnern, an diese oft schlummernden Kräfte unseres Glaubens. Immer wird die Sonne Kälte und Dunkel besiegen, auch wenn es uns manchmal zu lange dauert.
Einen Trumpf in der Hand?
Wenn Schuld belastet – der HERR vergibt – wir brauchen nur zu denken oder zu sagen und es dann auch zu tun: „Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen.“
Wenn Kummer die Zukunft zu verschließen scheint – da ist eine offene Tür, zunächst verborgen vielleicht, aber sie ist da. Das Gebet zeigt sie: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, so fürchte ich kein Unglück, denn DU bist bei mir“
Wenn wirklich unausweichlich Schlimmes auszuhalten ist,
dann möchte ich lernen, mit dem biblischen Frommen zu beten: „Dennoch bleibe ich stets an DIR“. Der Trumpf: einerseits empfinden zu müssen „Mein Gott, warum hast DU mich verlassen“ und dann doch wissen zu dürfen: „in DEINE Hände befehle ich meinen Geist.“
Wenn der Tod ins Leben greift – da will ich nach DIR blicken, DEM, der mir zuruft: „ICH lebe und Ihr sollt auch leben“ und „Heute wirst Du mit MIR im Paradiese sein.“
Ja, liebe Gemeinde, Ostern taucht unser Leben in göttliches Licht, verklärt uns zu unserer wirklichen Bestimmung. Jetzt ist wieder so ein Moment, in dem wir beim Namen gerufen sind.
Manchmal zieht uns so viel nach unten. Da gilt es ein Gegengewicht zu schaffen. Manchmal traut man sich ja heutzutage angesichts so vieler Probleme und Leiden von Gottes großer Liebe, die Ostern aufscheint, gar nicht mehr zu reden, weil sofort tausend „Ja, aber“ drohen. Trotzdem ist es wahr: „Gottes Liebe ist wie die Sonne, sie ist immer und überall da…“ Die guten Gedanken Gottes, wie sie uns in der Heiligen Schrift begegnen, als Gegengewicht ins Herz zu nehmen, frischt die eigene Kraft des Glaubens auf. Wie die Freude die wir geben ins eigene Herz zurückkehrt, so auch jedes gute Wort von Gott.
Manchmal denke ich mir auch, ‚Du darfst den Mund nicht so voll nehmen, da ist doch so viel Zweifel, gegen den man argumentieren müsste. Du darfst nicht einfach nur behaupten. So viel ist so schwer zu ertragen, das kann man doch nicht alles schön reden‘. Da muss ich immer an den früheren Präsidenten des Diakonischen Werkes, Karl Heinz Neukamm, denken, der uns Jüngeren immer gesagt hat, „wenn wir uns schlecht fühlen, dann predigen wir uns gesund.“
Will heißen, wir nehmen die großen, guten Worte Gottes in den Mund, richten sie anderen aus und spüren, wie sie ihre heilsame Wirkung auch in uns ausbreiten. Kein Augenschein des Alltags vermag ihre Kraft zu vernebeln.
Es gehört zur Ostererfahrung der Maria, weiterzusagen, was der HERR ihr gesagt hat: „ ...und das hat ER zu mir gesagt“. Weitersagen, sich bekennen, macht gewiss im eigenen Glauben.
Ich sage es mir, ich sage es Euch im Namen des HERRN, was zu sagen ist:
Jesus lebt, mit IHM auch ich, ER hat immer einen Weg, den Weg zum Leben. „Weiß ich den Weg auch nicht, DU weist ihn wohl, das macht die Seele still und friedevoll.“
Christus ist auferstanden, ER ist wahrhaftig auferstanden!
Frohe Ostern!
Amen!